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wunschzettel

wunschzettel

01 | 12 | 1997
Schon den Wunschzettel geschrieben ? I
Was, Ihnen fällt nichts ein, Sie sind wunschlos glücklich, Sie haben schon alles? - Glauben Sie wirklich?
Worüber könnten wir uns denn noch so richtig freuen, nicht nur an Weihnachten, sondern auch an anderen Tagen im Jahr? Es gibt wertvolle Geschenke, die keinen Pfennig kosten, die<aber dem glücklichen Beschenkten lange in Erinnerung bleiben. Meist ist es die Überraschung, das völlig Unerwartete, das unsere Augen leuchten lässt. Sogar das eigentlich Selbstverständliche kann verblüffen, Freude bereiten. Wie reagieren Sie, wenn Sie ihren zimmerdeckenhohen Weihnachtsbaum mühsam ins Auto wuchten wollen und plötzlich jemand, ohne viel Worte zu machen, mit anpackt und beim Beladen hilft? Oder wenn Sie mit vollem Einkaufswagen in der Kassenschlange stehen und ihnen ihr Vorgänger seinen Platz überlässt?

Schon den Wunschzettel geschrieben ? II
Da kennt sich jeder von uns aus: im Wünschen sind wir alle kompetente Fachleute. Und ein richtiger Wunschzettel wird schon lange Zeit vor dem Weihnachtsfest geschrieben und ständig aktualisiert.  Manche von uns führen ihre Wunschliste sogar das ganze Jahr über. Es ist wunderbar, wie flexibel wir mit unseren persönlichen Wünschen umgehen. Da wird spontan ergänzt, neu bewertet, Altes kühl abgewogen, überholtes radikal gestrichen. Wir zeigen uns offen für die verschiedensten Anregungen, greifen fremde Ideen auf und gestatten uns Gedanken zu den verrücktesten Themen. Denn alle Wunsche sind frei. Doch irgendwann haben wir die Bescherung und das wahre Leben holt uns ein. Da liegen dann warme Wollsocken, das x-te Rasierwasser und mit Sicherheit die falsche Musik-CD unterm Weihnachtsbaum. Und die grausame Realität läßt uns für unsere naive Vorfreude büßen. Je älter wir werden, um so häufiger haben wir solche bitteren Momente erlebt. Wunschvernichtung binnen weniger Sekunden. Und da wir gelernt haben, daß uns eine Erfahrung auch eine Lehre sein soll, bleiben wir fortan wunschlos. Aus Angst vor Enttäuschungen.
Bedeutet also Erwachsenwerden auch, den Wünschen zu entwachsen? Bloß nicht!  Wir dürfen da nichts verwechseln: Wünsche sind keine Forderungen, die realistisch bedacht und hieb- und stichfest vorgebracht werden müssen. Der Zeigefingerspruch mutsaugender Autoritäten: "Du kannst nicht alles haben!" heißt doch nicht: "Wünschen verboten!" Schluß mit dem Entweder/Oder. Trauen wir uns einfach wieder, mit unseren alten, schönen Wunschvorstellungen fast vergessene Wege neu zu entdecken. Unsere Wünsche haben ein Recht auf ihre Freiheit. Wir müssen sie vor unseren Ängsten und den Angriffen der Alltagszwänge schützen. Mehr noch: versuchen wir, etwas von unserer Wunschfreiheit in die Realität mitzunehmen!
Aber, o weh, die Realität- wie sieht die denn aus! Trost-, mut- und kraftlos steht sie festgefahren in der Ecke. Mit dem Rücken zur Wand. Rundum angegriffen und beharkt von allen möglichen Bedenken, Lasten, Hypotheken. Nur noch damit beschäftigt, sich zu verteidigen und der eigenen Haut zu wehren.  Eine verhärtete Situation. Da bleibt kein Quentchen Energie frei, um nach vorne zu denken. Tag für Tag müssen wir erleben, wie uns die Angst vor Fehler, Spott und Rivalität dermaßen lähmt, daß wir nicht mehr von der Stelle kommen. Wie soll sich etwas verändern und zum Besseren wenden, wenn uns der Mut fehlt, Ideen und Visionen zu begrüßen, statt zu belächeln. Und das Risiko eventuellen Scheiterns jede eigenverantwortliche Aktivität zusammenschnürt! Es genügt ja schon, Freunden, Kollegen, Partnern zu gestatten, etwas von ihren Wünschen in den Alltag mitzunehmen. Wir sollten es versuchen; vielleicht mit überraschender Wirkung! Also jetzt noch mal den Wunschzettel vorgenommen und voller Elan durchpflügt. Wunschlos glücklich ist niemand. Viel schöner ist es doch, voller Wunsche zu sein!  Manche werden ja auch wahr. Nehmen wir dies durch die Advents- und Weihnachtszeit mit ins neue Jahr. Nur Mut! => zurück zur auswahl

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