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Das Urgestein

18 | 04 | 2012
Das Urgestein.
Alle paar Tage hören oder lesen wir vom "Urgestein". Mal geht es um Urgesteine der Politik oder des Sports, doch meist sind Exemplare der Vereinswelt unter den Erwähnten. Urgesteine werden geehrt und besungen. In Feierstunden heftet man ihnen Orden an die stolze Brust und händigt bedeutsame Urkunden aus. Mal spielt dazu ein Streichquartett, mal jauchzt ein Kinderchor. Eines haben dabei alle Urgesteine gemeinsam: sie sind wichtig, bedeutend und schwer.
Ein Urgestein ist ein "Gestein, das nach der Entstehung nicht mehr verändert worden ist". Auf einem solchen Stein lässt sich bauen: er ist das verlässliche Fundament eines jeden Vereins. Ein unverrückbarer Fels in der Brandung der Gezeiten.
Urgesteine bestimmen oft lebenslänglich die Marschrichtung der Vereine, denen sie vorstehen. Sie tragen schwer und stolz an der Verantwortung und lassen das Steuer auch in stürmischer See nicht los. Im Morgengrauen sind sie die Ersten im Vereinsheim und nachts die Letzten, die nach der Hauptversammlung die Tische wieder geraderücken. Jedem Verein sein Urgestein. Urgesteine werden gerne und einstimmig in (natürlich!) offener Wahl bestätigt und dauerhaft in Amt und Würden gehalten.
Diese stabilen, verlässlichen Pole unserer Gesellschaft haben etwas Beruhigendes. Muß man sich doch über die Zukunft keine eigenen Gedanken machen. Das ist in vielen Fällen sowieso zwecklos. Denn wo ein Urgestein mitten und mächtig auf der Straße liegt, gibt es kaum ein Vorbeikommen. Seine Argumente sind alternativlos; neue, andere Wege sind meist blockiert.
Viele Urgesteine sonnen sich gerne im hellen Licht, werfen dabei aber auch lange Schatten. Für sie selbst ist eine "Zeit nach ihnen" kaum vorstellbar. Sie scheinen einmalig und unvergleichlich. Dabei gibt es sie doch vielzählig und überall in unserer Gesellschaft.
Man sollte alle diese Urgesteine zu einem Felsenmeer zusammentragen. Dort lägen sie dann mächtig und bedeutungsvoll neben- und übereinander und nicht mehr im Weg herum. Touristen aus aller Welt würden sie besichtigen, bestaunen und ihnen gebührend Respekt erweisen. Und über ihre vergangene Bedeutsamkeit rätseln.
Wie schön, daß gerade in Großauheim (wo sonst?) starre Traditionen immer wieder hinterfragt und aufgehoben werden. Ob kirchliche Würdenträger oder verdiente Sanitäter: in diesem Jahr werden einige stadtbekannte Großauheimer Urgesteine zu "Rolling Stones"; sie bewegen sich und machen den Weg frei.
In diesem Sinne werde auch ich -nach über 30 Jahren Vorstandstätigkeit im Gewerbeverein Großauheim- meinen Stein aus dem Weg rollen. Ich hab's gern gemacht, aber jetzt ist's Zeit. Bleiben wir alle in Bewegung!

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