< jottwee.de | Sprache - Schrift - Musik | Leben im Rhythmus |

unbegrenzte möglicheiten

10 | 04 | 2008
Hanau, Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten.
Die Sache schien hoffnungslos. Während rundum Innenstadt-Center und City-Galerien aus dem Boden schossen und die Nachbarstädte boomten, schien Hanau die Langsamkeit gepachtet zu haben.
An Pseudo-Aktivismus mangelte es nicht, zu jeder Mondphase wurde ein neues Projekt über den Freiheitsplatz getrieben. Doch kein Konzept wurde umgesetzt. Immer wieder zerrieben sich  visionäre Stadtplaner an Hanauer Immobilienfürsten. Dutzende Bauräte zerrten an festgewachsenen Geeleriewen, bis sie der Mut, bzw. sie selbst die Stadt verließen. Der „Hanauer Weg“ schien eine Sackgasse ohne Wendemöglichkeit zu sein.
Doch heute muß man anerkennen: die Zeit gab den Hanauern recht!
Inzwischen sind die ehemals trendigen Nachbarstädte mehr und mehr Gefangene ihrer alternden Konsumtempel und Konzeptbauten aus dem vergangenen Jahrtausend. Die Hanauer hingegen haben die Prozesse der letzten Jahrzehnte tapfer ausgesessen.
Der Grimm-Stadt eröffnen sich nun wegen der bisher immer wieder ausgebremsten Innenstadtentwicklung ungeahnte Möglichkeiten. Auf  Hanaus Planer und Macher warten ´zig Hektar Brachland, abrißbereite Trümmerschlachthöfe und eine riesige entmilitarisierte Zone. Dies alles erfordert eine Menge Fantasie, Courage und Geld. Welche Chancen und welch eine Verantwortung!
Man könnte es sich einfach machen und mit der Ansiedlung von weiteren Brüll-Märkten, Aufbackstudios, Fitneßparks und Hühnerröstereien zufrieden sein.
Doch nur das zu tun, was alle machen, ist der falsche Weg - fragt die Lemminge. Charakterlose, anonyme Konsumhallen gibt es inzwischen überall. Warum zum Einkaufen ausgerechnet nach Hanau gehen, wo sich doch inzwischen auf fast jedem Dorfacker die Supermärkte drängeln und es auf der Grünen Wiese nebenan überall das Gleiche gibt? Der umworbene, kaufkräftige Kunde kann und will sein Geld nur einmal ausgeben. Und das macht er am liebsten dort, wo ihm Unverwechselbares, Besonderes geboten wird.
Nein, es muß nicht immer nur das kleinste gemeinsame Vielfache sein. Ihr großen Macher und Entscheider, traut euch! Seid geschmeidig im Detail, aber fest in der Sache. Setzt Akzente und schafft das Außergewöhnliche. Macht Hanau unverwechselbar. Habt Mut und dazu ein dickes Fell.
Es scheint, die Weichensteller im Rathaus haben dies erkannt: der locker abgefederte  Aufruhr um das Flüstertütenkunstwerk am KuBlaPla ist ein Indiz für das erstarkte Rückgrat unserer städtischen Führungselite.
...Was das alles mit Großauheim zu tun hat? Rätselhaft scheinen die Wege, die Hanaus östliche Brüder und Schwestern gehen. Mitten im einundzwanzigsten Jahrhundert holen sie ihre Ahnfrau Irminrat aus der Gruft und wollen der alten Dame neues Leben einhauchen.
Während um uns herum die Zukunft tobt, zieht es die Auheimer scheinbar zurück ins dunkle Mittelalter. Haben die Krautharbscher ausgerechnet jetzt in den Zeiten des Aufbruchs jeden Realitätssinn verloren?
Weit gefehlt. Eine Irminrat kann neben den Brüdern Grimm durchaus bestehen. Hanau kann der adligen Frau dankbar sein, schließlich war sie die „Mutter“ des edlen Stadtteils. Jacob und Wilhelm Grimm hingegen waren ihrer Geburtsstadt weniger treu. Die beiden Nestflüchter kehrten Hanau den Rücken, kaum daß sie laufen konnten.
Die Großauheimer gehen oft eigene Wege und navigieren dabei meist klarer als andere. Die ehemals freien Städter haben sich ihre Eigenständigkeit (und -artigkeit) im Denken und Handeln  gewahrt.
Nur ein Beispiel: Damit es im wachsenden „Gewerbepark Ost“ rascher voranging, zahlte der einheimische Investor die gesamte Infrastruktur samt öffentlicher Straßen und Lampenmasten aus eigener Tasche. Auch am -endlich!- geplanten Fahrradweg entlang der Depotstraße wird sich der Auheimer Unternehmer maßgeblich beteiligen. Die Kombination aus Kalkulation, Gemeinschaftssinn und Cleverneß ist bemerkenswert. Während anderswo immer nur gefordert wird und Jammer und Lamento herrschen, wird hier die Initiative ergriffen.
In Großauheim und dessen ehemaligem Stadtteil Wolfgang wohnen und leben bewußt und gerne die meisten Hanauer. Hier sind die größten Konversionsflächen, dazu liegen Hafen und Hauptbahnhof direkt an der Stadtteilgrenze. Schon aus logistischen Gründen darf Großauheim bei den Hanauer Zukunftsplanungen nicht fehlen. Und wo steht eigentlich geschrieben, daß alle Energien in der Kernstadt gebündelt werden müssen? => zurück zur auswahl

www.jottwee.de lokalamitäten. großauheimer kolumnen.