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gaul'sche löwin

das Märchen von den grossauheimer tieren

07 | 09 | 2001
Margarete, Großauheim und das liebe Vieh  - Ein Märchen (?) -
Es war einmal in Hanau eine holde Herrscherin. Sie residierte in einem prachtvollen Schloß und war den schönen Dingen durchaus zugetan. Margarete die Erste war eine Edelfrau, die ihre Leidenschaften in Taten umzusetzen vermochte. So fand ihre verständliche Liebe zu allem, was blühet und gedeihet, in der Ausrichtung einer „Landesgartenschau“ Gestalt und Ausdruck. Viele Ihrer Untertanen waren darob begeistert und des Lobes voll und ergötzten sich an der sprießenden Botanik.
Für soviel Bürgerglück klaubte Prinz Claus, ihr Schatzmeister, gerne den letzten Taler aus dem Stadtsäckel. Denn was ist schon schnöder Mammon gegen den Duft blühender Rosen!
Gleißend also die Aura, die die Oberste Bürgermeisterin umgab.
Doch wir alle wissen auch von den finsteren Schatten, die solche strahlenden Taten werfen. Erinnert sei nur an das unermeßliche Leid der Hanauer Heuschnupfer, bei denen allein der Gedanke an blühende Landschaften Panik hervorruft. Und welcher Gerechte tritt ein für die, die vor den Toren der Kernstadt ihr karges Leben fristen und auf milde Gaben der Herrscher hoffen? - Wie das rechtschaffene Volk der Großauheimer, das schon vor über 1200 Jahren feingeistig an Blumen schnupperte, als sich der Gemeine Hanauer noch in Felle hüllte. Aber die Zeiten vergehen und die Geschichten der Ahnen gelten heute nicht mehr. Die Auheimer schienen sich in ihr trostloses Schicksal zu fügen und litten nur noch still beim Anblick der vergoldeten Schloßtore, prächtigen Wasserfontänen und imposanten Prachtstraßen der Residenzstadt.
Doch eines Tages erschütterte Sonnenkönigin Margarete ihre randstädtischen Untertanen bis ins Mark: Nicht nur die Pflanzenwelt wollte sie sich unterwerfen, nein: es gelüstete ihr gar, dem König der Tierwelt das Zepter zu entwinden. Was war geschehen?
Die Großauheimer hatte schon immer ein Herz für Tiere. Der berühmteste Sohn ihrer ehemals freien Stadt trug gar den Namen eines Vierbeiners: August Gaul - ein von der Welt anerkannter, freidenkender Künstler, ein echter Auheimer. Vor gut hundert Jahren widmete er sein Leben der Bildhauerei. Gerade die Tiere und ihre artgerechte Darstellung waren seine Passion. Sein von den Großauheimern verehrtes und gehütetes Werk, das sie stolz in ihrem Museum und in ihren Wohnzimmern bewahrten, sollte gepackt, gebunden und ins Schloß der Herrscherin geschafft werden!
So tat es Margarete die I. dem Volke in Wort und Bild kund. Der Hintergrund war klar: auch die schönsten Blumen welken einmal. Aber der Bronzeguß der edlen Tiergeschöpfe August Gauls würde Jahrtausende überdauern. Und nun drohte eine Safari auf die Löwin, Gauls prachtvollster Schöpfung. Die Königin der Tiere, das Symbol Auheimer Größe aus den Zeiten des vergeblichen Kampfes ’73/74 gegen die Eingemeindungsmächte! Damit nicht genug: auch weitere Stücke des Großauheimer Kulturerbes sollten in Hanauer Vitrinen enden. Streitbar und in vollem Harnisch gab sich die Oberbürgermeisterin in Interviews siegessicher, gewappnet zur offenen Feldschlacht mit ihren aufgewühlten, murrenden Untertanen. Schlau, die Schau: Das laute Säbelrasseln war nichts anderes als eine Kriegslist. Einerseits mit großem Getöse den Fanggriff auf  das Großauheimer Allerheiligste, die Löwin, andeuten und ablenken. Andererseits, fast unbemerkt und schleichend: der Ausbau- und Ideenstop des Auheimer Museums, bei Klage über die dort ach so begrenzten Möglichkeiten. Und als logische Folgerung: der Umzug des gesamten Gaul’schen Zoos in die endlosen Räume des Schlosses Philipsruhe. Da heißt es für die Großauheimer: Beisammenstehen und starke Verbündete suchen. Wie wäre es mit den mächtigen Tierschutzverbänden?
Man weise nur einmal auf den trostlosen Pinguinbrunnen in der Hauptstrasse hin, dem Namensgeber der dortigen „Schule am Brunnen“. Traurig sitzen dort August Gauls Lieblinge auf dem trockenen; der Brunnen ist seit Jahren versiegt. Es ist zum Erbarmen. Während in Hanau Stadt mächtige Wasserwerke gen Himmel spritzen, blieb Großauheim lediglich diese klägliche Trockenfontäne. Hoffnung kam auf, als im Frühjahr mit großem Einsatz an Mensch und Material die dortigen Anlagen neu gestaltet wurden. Doch für die Instandsetzung des Brunnens gab’s von der Stadt keinen Pfennig. Nur Flora, nix Fauna. Schicksal oder Methode? Schon sind wir wieder bei den Kriegslisten: Demnächst wird Margarete I. die possierlichen Gesellen in einer spektakulären Rettungsaktion („ein Herz für Tiere“)  in die heimische Badewanne verfrachten und aufpäppeln. Nach ein paar Monaten tauchen dann Auheims Pinguine plötzlich aus einem der Hanauer Prachtbrunnen empor.
Unglaublich? Wer so denkt, sei vom Affen gebissen und vom Gaul getreten? Warten Sie’s ab. Das sind Geschichten, die nie gestorben sind. Sie leben heute noch!

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