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moin|morsche|guten tag

05 |04 | 1998
Einkaufen heißt: für's Leben lernen!
Samstagvormittags bin ich immer aufgeregt. Da muß ich einkaufen. Als Fahrplan dient eine handgeschriebene Liste meiner Ernährungsministerin, deren Fachtermini ich schwächendeckend mit eigenen Anmerkungen versehen habe. Broccoli z.B. merke ich mir .als "Blumenkohl (grün)", Zucchini mutieren zu "Gurken (gestreift)" und Schalotten taufe ich "Schnittlauch (fingerdick mit Wurzel)". Ganz schön schlau! Oft erlebte Peinlichkeiten wie: "3 Stück von dem gelben Runden, halblinks von den langen Dingern da neben dem Grünzeug" erspare ich mir so. Umweht vom Flair des kompetenten Küchenprofis stehe ich hoch über der sichtlich unwissenden Horde anderer Einkaufslaien. So soll es sein. Mein starkes Ego und ich ziehen zuerst los zum Bäcker. Eine scheinbar harmlose Übung. Mit einem herzhaften "Guten Morgen!" will ich mich anstellen. Doch es trifft eiskalt, als die erste Wartereihe die Köpfe dreht, mich ganzkörpermustert, ein trockenes "Morsche" brummt und sich mit der Erkenntnis: "Ach so, ein Samstagseinkäufer" wieder Wichtigerem zuwendet. Welch unerwarteter Rückschlag! Das erfolgreiche Ordern dreier exotischer Brötchensorten und die nuancierte Aussprache von "Schokocroissant" stabilisieren die Lage einigermaßen. Leicht lädiert stelle ich mich der Herausforderung Gemüseladen.  Diesmal soll alles richtig sein und ich stürze mit einem jovialen "Moin!" zwischen die wartende Bevölkerung. Ein glasklar gekontertes "Guten Tag!" knickt schwer mein Ego. Kein Trost, daß ich die Bestellung fehlerfrei über die Theke bringe. Da gebe ich mir die größte Mühe, bereite mich gewissenhaft vor und doch werde ich stets als Einkaufsamateur entlarvt. Was mache ich nur falsch? Einkaufen heißt: für's Leben lernen. Vielleicht sollte ich mehr üben...
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