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Ur-Schranke

klassiker

15 | 04 | 2007
Großauheim - ein Klassiker.
Es war einmal eine große Feier: 1200 Jahre Auheim. Doch vorbei die Jubelei, der triste Alltag hat uns wieder. Das einst eigenständige Großauheim ist nach wie vor in enger Vormundschaft gefangen. Nicht daß es in den vergangenen 33 Jahren am Nötigsten gemangelt hätte; es friert uns nicht im Winter und für die Grundbedürfnisse ist gesorgt. Doch Großauheim braucht mehr an Aufmerksamkeit und Zuwendung!
Die Brüder Grimm haben in ihrem Märchen das bittere Los der Hanauer Cinderella vorweg erzählt: Auch Aschenputtel litt unter der Stiefmutter, die zuallererst an sich selbst und die eigenen Töchter dachte. Nur an ganz besonderen Tagen fielen für die lästige Stieftochter ein paar Krümel vom reich gedeckten Tisch. Und dabei war das in Sack und Asche gehaltene Aschenputtel doch die Schönste und Edelste von allen…
Den Hanauer Nachfahren der Grimms scheint das Märchen und dessen Moral entfallen zu sein. Denn es gilt: Ab in die Mitte, Hanau-Innenstadt zuerst, nur Almosen für die Stadtteile.
Ein geeigneter Indikator für das, was bei der Obrigkeit Vorrang hat, ist stets der Kulturetat einer Verwaltung. In der Hanauer Innenstadt wird kulturell noch immer geklotzt. Hier ein Konzert, da ein event, dort eine Picassoschau, dazu Lamboy- und Bürgerfest mit sattem Programm.  Eine -ja doch!- lobenswert lange Liste an haushaltsfinanzierten Veranstalt- ungen. Doch wie und wo investieren die städtischen Finanzentscheider und Kulturverwalter in Großauheim? …Tja, an dieser Stelle loben die Stadtoberen nun immer das blühende Vereinsleben. - Wenn es die vielen engagierten Auheimer Bürger nicht gäbe, die auch ohne städtisches Finanzdoping immer wieder Beachtliches auf die Beine stellen, sähe es im größten Hanauer Stadtteil schon lange duster aus. Es ist zum Jammern.
Einer, bei dem die Auheimer stets Trost und Rat finden können, ist der alte Frankfurter Gassebub Johann Wolfgang von Goethe. Er gibt Antworten auf alle aktuellen Hanauer Fragen. Beispiele gefällig?
- Kesselstadt feiert in diesem Jahr den 100. Jahrestag seiner freiwilligen (!) Eingemeindung nach Hanau. Uns Auheimern bleibt da die Spucke weg. Genius Goethe findet die rechten Worte:
Kesselstadt, du hast es besser
Als unser Auheim, das alte,
Hast nur renovierte Schlösser
Und keine Basalte.
Dich stört nicht im Innern
Zu lebendiger Zeit
Unnützes Erinnern
Und vergeblicher Streit.

-
Natürlich ist es unfair und ungerecht, alle Hanauer Stadtoberen über einen Kamm zu scheren. Doch gibt es immer wieder Momente der Verzweiflung. Allein am Thema "Freiheitsplatz" sind schon ganze Geeleriewe-Generationen ruhmlos gescheitert. Goethe tröstet:
»Da reiten sie hin! wer hemmt den Lauf?«
Wer reitet denn? »Stolz und Unwissenheit.«
Laß sie reiten! da ist gute Zeit,
Schimpf und Schande sitzen hintenauf.

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Aber ausschließlich auf "Die da Oben" schimpfen, gilt nicht. Jeder von uns ist gefordert, seinen Beitrag zu leisten und sich einzubringen:
Ein jeder kehre vor seiner Tür,
Und rein ist jedes Stadtquartier.
Ein jeder übe seine Lektion,
So wird es gut im Rate stohn.

-
Der gigantische Ausbau des Kraftwerkes Staudinger beunruhigt und mobilisiert mehr und mehr die Bevölkerung. Das riesige Bauvorhaben wird das Leben in unserer Stadt in den kommenden Jahrzehnten wesentlich stärker beeinflussen, als z.B. ein wie auch immer neu gebackenes Freiheitsplätzchen:
»Ist denn das klug und wohlgetan
Was willst du Freund' und Feinde kränken?«
Erwachsne gehn mich nichts mehr an,
Ich muß nun an die Enkel denken.

-
Und wenn scheinbar gar nichts mehr geht, hilft nur noch, locker bleiben und die Dinge mit Distanz betrachten:
Mit Narren leben wird dir gar nicht schwer,
Versammle nur ein Tollhaus um dich her.
Bedenke dann, das macht dich gleich gelind,
Daß Narrenwärter selbst auch Narren sind.

-
In diesem Sinne, Großauheim:
Verzage nicht! Ertrag es still!
Gebeut dem Zorn, der widerwill.

(Zitate:  J.W. von Goethe + Th. Storm, teilw. verändert)
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