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absperrbock

17 absperrböcke

01 | 12 | 1997
Das "neue Hanau" versteht sich mehr und mehr als modernes Dienstleistungsunternehmen, das seinen Bürgern, Vereinen und Gewerbebetrieben Leistungen anbietet und sich diese auch finanziell entgelten läßt. Vorbei die Zeiten, in denen die Stadt zum Nulltarif, koste es, was es wolle, Wünsche erfüllt hat.  Und das ist auch recht so. Hanau ist nicht das Schlaraffenland und den dukatenspendenden Esel sieht man nur noch bei den Märchenspielen. In unserer Stadtverwaltung wird nun finanzbewußt gedacht, kalkuliert und gerechnet. Nur so kann in der ausgetrockneten Haushaltswüste vielleicht irgendwann ein Hoffnungspflänzchen wachsen. Aber mit dem Crashkurs in Sachen Marktwirtschaft ist das so eine Sache: gewisse Regeln sollten da schon beachtet werden, um die zarte Partnerschaft zwischen "Kunde" und Stadt nicht von losstürmenden Siebenmeilenstiefeln zertreten zu lassen. Nun der konkrete Fall:
Der Gewerbeverein Großauheim veranstaltete am 3.Adventssamstag 1996 einen weihnachtlichen Rochusmarkt auf Teilen der Hauptstraße und um den Rochusplatz. Hierzu war es nötig, den Straßenverkehr umzuleiten und die erforderlichen Verkehrsschilder anzubringen. Kein Problem für die Verantwortlichen: der Umfang der Sperrungen entsprach den Maßnahmen zum jährlichen Herbst-Rochusmarkt und hier schöpften die Mitarbeiter der Stadtverwaltung aus ihrer 21-jährigen Markterfahrung. Damit dies auch alles mit rechten Dingen zugeht, wurde das Vorhaben "Weihnachtsmarkt Großauheim" vom Vorstand des Gewerbevereins im Gesprächsrund mit Oberbürgermeisterin, Stadtbaurat und den zuständigen Dezernenten besprochen, genehmigt und für gut befunden. Der Weihnachtsmarkt ging problemlos und erfolgreich über die Bühne, der hohe zeitliche und finanzielle Einsatz (Buden, Beleuchtung, Programm) hatte sich gelohnt, die von der Verwaltung berechneten Gebühren für Straßennutzung und Sperrung wurden bezahlt. Tadellos erstellte und wieder abgeholte 19 Verkehrszeichen und 17 dazugehörige Absperrböcke harrten im städtischen Bauhof neuer Aufgaben. So sollte es sein.
Doch es weht der frische Wind der verkaufsorientierten Marktwirtschaft aus dem Hanauer Rathaus und der bläst dem "Kunden" Gewerbeverein Großauheim stramm ins Gesicht: vier Wochen danach macht die Stadt eine 2.Rechnung auf. Das Tiefbauamt bittet um Kostenerstattung für den Arbeitsaufwand zur Erstellung und Demontage der für die Hauptstraßensperrung nötigen Verkehrszeichen.
Demnach waren rund um das Wochenende vom 14.12.96 ein städtischer LKW für 22 Stunden und 2 Arbeiter gleichfalls a'22 = 44 Stunden im Dauereinsatz, um 17 Absperrböcke mit montierten Umleitungsschildern an den bekannten Stellen ringsum der Hauptstraße zu betreuen. Geht man von einem ca. 5-Stunden-Arbeitstag aus, so wurden die städtischen Mitarbeiter ihren Familien für fast 3 Tage vorenthalten. Ein trauriger 3.Advent. Ganz zu schweigen von den gewaltigen Strecken, die der hoffentlich schadstoffarme LKW in dieser Zeit bewältigt haben muß. Das hat der Gewerbeverein so nicht gewollt.  Doch wie hätte er es auch wissen können: war doch in den Gesprächen mit der Stadt niemals die Rede von der neuen, kostendeckenden Kalkulation.
Ein Unternehmen, das sich neuerdings verkaufsaktiv gibt, sollte seine treuen Kunden vorab informieren, wenn sich der seit Jahren berechnete Preis für die gleiche Leistung um das -zigfache steigert und zudem die neue Situation auch tatsächlich begründen können. Es ist nicht der richtige Weg, fehlende Leistungsoptimierung durch Erstellen einer überhohen Rechnung zu kompensieren.
Und wer sich in Marktwirtschaft übt, sollte seinen Kunden auch die Möglichkeit einräumen, bei Streitfällen neutrale Stellen zur Klärung anzurufen. Aber eine Schiedsstelle hierfür gibt es nicht. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit des Neuen Denkens klafft noch eine große Lücke. Im Laufe dieses Jahres gelang es den Hanauer Magistratskräften noch mehrmals, Vereine, Verbände, die Bevölkerung mit überraschenden Entschlüssen und Geldforderungen kräftig aufzumischen. Was seit Jahren selbstverständlich schien, muß nun stets hinterfragt werden, um böse Überraschungen zu vermeiden.  Gleiches Recht für alle bedeutet auch gleiche Kosten für alle. Wehe den Ausnahmen und unbekannten Begünstigungen. Wir Großauheimer haben es leid, unsere Energien durch ständige Innenreibung mit unbeweglichen Dienststellen zu verbrauchen. Wir wollen aktiv unsere Stadt mitgestalten. Und daß das nicht nur "Sprüche" sind, zeigt die "Profil-Großauheim"-Runde, wo überparteiisch und realistisch gedacht und gehandelt wird. Da soll der festgefahrene Stadtkarren wieder in Bewegung gebracht werden.
P.S.: Sie wollen wissen, was es kostet, 19 Verkehrszeichen und 17 Absperrböcke ab- und wieder aufzuladen?  Mit 5.380.-- DM sind Sie dabei! => zurück zur auswahl

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